Minderheiten ohne Mutterstaat kommen in Südtirol zusammen

Was haben die Volksgruppen der Roma, Sorben und Friesen, der Ladiner, Pomaken und Turk-Mescheten gemeinsam? Ihre Vertreterinnen und Vertreter gehören Minderheiten an, die weder einen eigenen Staat noch einen Nachbarstaat haben, in dem sie die Mehrheit bilden. So stehen diese Minderheiten vor ganz spezifischen und doch ähnlichen Herausforderungen, was den Erhalt und die Pflege ihrer jeweiligen Kultur, Sprache und Identität betrifft. Umso wichtiger ist es daher, dass sie sich zusammenschließen und den regelmäßigen Austausch suchen – dies geschieht im Rahmen der Arbeitsgemeinschaft Non-Kin-State (NKS) unter dem Dach der FUEN.

Zwischen dem 29. Mai und dem 1. Juni 2025 kommt die Arbeitsgemeinschaft Non-Kin-State zu ihrer jährlichen Tagung zusammen – diesmal bei den Ladinern in St. Vigil in Enneberg/Al Plan de Maréo (Gadertal/Val Badia, Südtirol, Italien). Organisiert wird die Konferenz in Kooperation mit der Union Generela di Ladins dla Dolomites (UGLD). Als Dachorganisation der Dolomitenladiner setzt sich die UGLD für den Erhalt und die Förderung der ladinischen Sprache, Kultur und Identität ein.

Im Fokus der NKS-Jahrestagung steht diesmal die Verwendung und Sichtbarkeit von Minderheitensprachen bei Großveranstaltungen in den Bereichen Sport, Kultur und Gesellschaft. „Dieses Jahrestreffen steht im Zeichen der Frage, wie wir als Minderheiten ohne Mutterstaat unsere Sprachen und Kulturen bei großen internationalen Ereignissen sichtbar machen können“, erklärt in diesem Sinne auch Bahne Bahnsen, FUEN-Vizepräsident und Sprecher der Arbeitsgemeinschaft NKS.

Darüber hinaus geht es um die Bedeutung des kulturellen Reichtums in Europa. „In Zeiten großer Veränderungen in Europa ist es entscheidend, dass wir an unserer sprachlichen und kulturellen Vielfalt festhalten. Gleichzeitig müssen wir ein starkes Signal senden, dass wir noch enger kooperieren und gemeinsam einen europäischen Weg finden“, so Bahnsen, der selbst aus den Reihen der Nordfriesen stammt. Er betont, dass gerade Minderheiten ohne Mutterstaat einen wichtigen Beitrag zur europäischen Identität leisten: „Wir sind das Rückgrat des sprachlichen und kulturellen Erbes in Europa. Unsere Gemeinschaften existieren hier seit über 2.000 Jahren – wir lieben Europa, und wir sind Europa.“

Neben inhaltlichen Diskussionen zum Thema „Minderheitensprache und Tourismus“ sowie zur Mehrsprachigkeit in Südtirol stehen auch interne Arbeitssitzungen zur Zukunft der Arbeitsgemeinschaft auf dem Programm. Die Teilnehmenden haben außerdem die Möglichkeit, das Ladinische Schulsystem, den Naturpark Fanes-Sennes-Prags sowie kulturelle und historische Stätten in der Region kennenzulernen. Ein weiteres Highlight ist zudem ein Ladinischer Kulturabend.

Zusätzlich bietet die Tagung zahlreiche Gelegenheiten zum Networking mit Vertreterinnen und Vertretern von Minderheitenorganisationen aus ganz Europa. Neben Bahne Bahnsen wird auch ein weiterer FUEN-Vizepräsident an dem Treffen teilnehmen, nämlich Daniel Alfreider, stellvertretender Landeshauptmann der Autonomen Provinz Bozen – Südtirol und Landesrat für Ladinische Bildung und Kultur, Infrastruktur und Mobilität.

Den Ablauf der Tagung werden Sie in den Social-Media-Kanälen der FUEN verfolgen können.

 

Hintergrund: Die Arbeitsgemeinschaft Non-Kin-State in der FUEN

Die Non-Kin-State-Arbeitsgemeinschaft wurde 2017 von der FUEN ins Leben gerufen, um Minderheiten ohne Mutterstaat die Möglichkeit zu geben, ihre spezifischen Anliegen und Herausforderungen zu diskutieren, Lösungen zu finden und gemeinsame Strategien für den Erhalt ihrer kleinen Sprachen und Kulturen zu entwickeln. Aktuell gehören ihr 40 Organisationen aus 17 verschiedenen Ländern an. Ihr Sprecher ist FUEN-Vizepräsident Bahne Bahnsen.