Was Minderheiten-Gemeinschaften stark macht

Goldene Fragmente, bunte Farben und Pailletten: Diese Zutaten sind es, die binnen 20 Minuten eine junge Pomakin in eine kunstvoll geschminkte Braut verwandeln. Ein wahrlich nicht alltägliches Schauspiel, das den Teilnehmer*innen des Jahrestreffens der FUEN-Arbeitsgemeinschaft Non-Kin-State (Minderheiten ohne Mutterstaat) in Velingrad, Bulgarien, im Museum der Pomaken geboten wurde – und allesamt sehr beeindruckt hat. Dieser Einblick in die Kultur war Teil des umfassenden Rahmenprogramms der gastgebenden Minderheit, das den europäischen Gästen während der viertägigen Veranstaltung vom 31. August bis 3. September 2022 geboten wurde.

Faszinierender Anblick: Schminkritual einer pomakischen Braut. Foto: Kamen Mavrov.

Angereist waren 20 Teilnehmer*innen aus sieben Ländern und zehn Minderheiten – darunter Ladiner aus Südtirol, Westfriesen, Nordfriesen, Roma, Sorben, Aromunen aus Nordmazedonien und Albanien, Pomaken aus Griechenland sowie Karakachanen aus Bulgarien.

Kernthema der Tagung war die Frage, wie Strategien für den Gemeinschaftsaufbau dazu beitragen können, die Non-Kin-State-Minderheiten zu stärken. Bei zahlreichen Vorträgen, Diskussionen und Arbeitssitzungen gab es Einblicke in vorhandene Best-Practice-Modelle, unter anderem:

  • den erfolgreichen Aufbau der sorbischen Gemeinschaft im Osten Deutschlands nach der Wiedervereinigung
  • die vorbildliche Integration der Roma in Bulgarien durch das Zentrum „Amalipe“, welches z.B. spezielle „Entwicklungszentren“ für Gemeinden sowie Schulnetzwerke aufgebaut hat
  • die Schaffung des Amtes eines Minderheitenbeauftragten in der Stadt Bijeljina in Bosnien und Herzegowina, wodurch eine bessere Vernetzung von Minderheiten und Mehrheit auch auf Verwaltungsebene erzeugt wurde
  • Kampagnen, die Medienaufmerksamkeit erzeugen wie z.B. die Aktion „Bürgermeister-Freunde der Roma“, bei der der „Roma-freundlichste Bürgermeister in Bosnien und Herzegowina“ gesucht wurde.

Zora Popova, wissenschaftliche Mitarbeiterin der FUEN, ergänzte diese Einblicke mit einer Präsentation zu guten europäischen Beispielen für den Gemeinschaftsaufbau, mit einem Fokus auf den Erfahrungen aus Schleswig-Holstein und dem deutsch-dänischen Grenzland.

Nach dem informativen Austausch wurden bei der Tagung auch die künftigen Schwerpunkte der Arbeitsgemeinschaft erörtert sowie Bahne Bahnsen für eine weitere Amtsperiode 2022-2025 als Sprecher gewählt.

Den feierlichen Abschluss bildete der gemeinsame Besuch des Volksfestes der Pomak*innen in der Gemeinde Draginovo, wo die Gruppe von der Gemeindeverwaltung persönlich begrüßt wurde und anschließend erneut einen lebendigen Eindruck von Musik, Tänzen und Traditionen der pomakischen Kultur erhielt.

Beim Volksfest in Draginovo, Bulgarien. Foto: FUEN.

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Die AG Non-Kin-State agiert unter dem Dach der FUEN (Föderalistische Union Europäischer Nationalitäten), welche die Interessen der autochthonen nationalen Minderheiten, Nationalitäten und Sprachgemeinschaften Europas vertritt. Die FUEN vertritt derzeit mehr als 100 Mitgliedsorganisationen aus 35 europäischen Ländern.